Das Recht muss nie der Politik, wohl aber die Politik dem Recht angepasst werden.
– Immanuel Kant
Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Unsere Macht ist zerstörerisch. Wir können zwar die Schöpfung beenden und alle Menschen töten, aber wir können keinen einzigen Menschen erschaffen.
– Franz Alt
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20.03.2019 | www.kla.tv/14041
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) sind äuβerst eng und gründen auf einem Vertragsnetz, das aus rund 20 zentralen bilateralen, also zweiseitigen Abkommen, sowie über 100 weiteren Abkommen besteht. Seit 2014 stehen die Schweiz und die EU in Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zu institutionellen Fragen. Mit diesem sollen die Möglichkeit einer dynamischen Anpassung der bilateralen Marktzugangsabkommen sowie ein Streitschlichtungsmechanismus eingeführt werden. Am 7. Dezember 2018 veröffentlichte der Bundesrat das Verhandlungsresultat. Nach Ansicht der EU seien die Verhandlungen abgeschlossen und der Ball läge jetzt bei den Schweizern das Vertragswerk zu unterzeichnen. Vor einer allfälligen Unterzeichnung will der Bundesrat noch die Meinung der Kantone, Verbände und des Parlamentes einholen. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats, kurz WAK, hat in Anbetracht der unklaren Haltung des Bundesrats am 29. Januar 2019 beschlossen, zwei Gutachten in Auftrag zu geben. Darin soll ein zentraler Punkt von kritischer Warte aus beleuchtet werden. Die Gutachten sollen den Ermessensspielraum aufzeigen, den ein Schiedsgericht in einem Streitbeilegungsverfahren zwischen der EU und der Schweiz hat. Eines der Rechtsgutachten wurde vom ehemaligen Präsidenten des Gerichtshofes der Europäischen Freihandelsvereinigung, kurz EFTA, Carl Baudenbacher, verfasst. Ihm wurde dafür ein Honorar in Aussicht gestellt und nachdem sein Gutachten fertiggestellt war, erfuhr er aus der Tagespresse, dass er mit 40 % Reduzierung auf sein Honorar „gestraft“ wurde. In einem Mail an den Präsidenten der Wirtschaftskommission schrieb Baudenbacher: „[...] schon die ursprünglich genannte Summe lag weit unter Marktansätzen. Angesichts der Dringlichkeit habe ich mein 48-seitiges Gutachten in Tag- und Nachtarbeit so schnell wie möglich verfasst. Dabei kam mir natürlich zustatten, dass „internationale Streitentscheidungen“ seit Jahrzehnten eines meiner Hauptgebiete ist, theoretisch und praktisch. Der Umfang war deshalb geboten, weil der Bundesrat seit 2013 im Europadossier nicht objektiv informiert. Hier wird offensichtlich ein interner Konflikt Ihrer Kommission auf dem Rücken externer Experten ausgetragen. Ich muss annehmen, dass einem Teil Ihrer Mitglieder der Inhalt meiner Ausführungen nicht passt. […] Das mir angebotene Honorar steht in keinem Verhältnis zu meiner Leistung und meinem Ansehen. Ich kann es daher nicht annehmen, sondern schenke dem Bund mein Gutachten. Da der Beschluss der Verwaltungsdelegation den Medien zugestellt wurde, werde ich diese E-Mail ebenfalls öffentlich machen. Mit freundlichen Grüβen Carl Baudenbacher.“ Offensichtlich hat Baudenbacher mit seinem Gutachten eine oder mehrere Wunden im Rahmenabkommen gefunden, die so gar nicht ins Bild der Befürworter passen wollen. Das Komitee gegen den schleichenden EU-Beitritt „EU-NO“ hat in seinem Newsletter vom 14. Februar 2019 über das Gutachten von Baudenbacher berichtet. Hören Sie nun einige Auszüge daraus: Gutachten bestätigt: Rahmenvertrag ist ein Knechtschaftsvertrag [..] In diesem Papier von Prof. Dr. Carl Baudenbacher wird gemäβ Medienberichten wegen der starken Stellung des EU-Gerichtshofes (EuGH) im nun vorliegenden institutionellen Rahmenabkommen von einer sogenannten «Vasallisierung» gesprochen. Eine «Vasallisierung» ist eine Verknechtung oder Unterjochung. Solch klare Worte für diese institutionelle Einbindung als Knechtschaft gilt es ernst zu nehmen. [...] Das im Rahmenabkommen als Alternative zu den «fremden EuGH-Richtern» vorgesehene und von den Befürwortern des Abkommens gepriesene Schiedsgericht «hat kein Ermessen» (keinen Entscheidungsspielraum), so Baudenbacher. Das Schiedsgericht untersteht quasi dem EU-Gerichtshof EuGH. Damit einhergehend würde sich «die Schweiz dem Gericht der Gegenpartei, dem die Unparteilichkeit fehlt, unterwerfen». Das wäre, wie wenn ein Schiedsrichterteam bei einem Fuβballmatch von der gegnerischen Mannschaft gestellt würde. In den öffentlichen Anhörungen der Auβenpolitischen Kommission des Nationalrates hat Baudenbacher ebenfalls bestätigt, dass das Schiedsgericht keinen Spielraum habe. Das Schiedsgericht ist ein Feigenblatt. Das vom Bundesrat als Zugeständnis der EU gelobte Schiedsgericht sieht Baudenbacher als wertlos an. Es kann nicht als Entgegenkommen und schon gar nicht als Kompromiss gewertet werden. [...] Mit dem Rahmenabkommen schwäche die Schweiz überdies ihre Position bei künftigen Verhandlungen. Bei der öffentlichen Expertenanhörung in der Auβenpolitischen Kommission wurde dann auch explizit von einer engeren Bindung an die EU infolge der Rechtsübernahme und der dominanten Stellung des EuGH gesprochen. [...]» Mit diesem Gutachten bestätigt Baudenbacher die Befürchtungen der Kritiker des institutionellen Rahmenabkommens. Diese warnen seit Jahren davor, dieses Abkommen mit der EU abzuschlieβen, weil es das Ende der direkten Demokratie in der Schweiz bedeuten würde.
von brm.
http://www.basler-liberale-nachrichten.ch/download/bln_4_24_februar_2019_pm%20(2).pdf
https://www.eda.admin.ch/dea/de/home/verhandlungen-offene-themen/verhandlungen/institutionelles-abkommen.html
https://www.eda.admin.ch/dam/dea/de/documents/faq/FAQ-Institutionelles_de.pdf
https://www.eda.admin.ch/dam/dea/de/documents/abkommen/Acccord-inst-Projet-de-texte_de.pdf
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73292.html
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/weniger-geld-fuer-die-experten/story/27213219
https://www.handelszeitung.ch/politik/bundesrat-startet-konsultation#
https://www.srf.ch/news/schweiz/rahmenabkommen-mit-der-eu-eu-ministerrat-fordert-vom-bundesrat-ein-ja